
Psychische Belastungen in der modernen Arbeitswelt
Berufliche Integrationschancen und Unterstützungsmöglichkeiten auf Psychiatrietag erörtert
Das Thema erschöpfter, ausgebrannter, physisch und psychisch erkrankter Beschäftigter ist spätestens seit dem Freitod des Fußballtorwartes Robert Enke vor einem Jahr in aller Munde. Der diesjährige kreisliche Psychiatrietag am 18. November im Bürgerhaus Bad Liebenwerda beschäftigte sich mit der „Beruflichen Integration psychisch Kranker“. Er wollte zum einen informieren über die Hintergründe psychischer Erkrankungen. Zum anderen ging es um berufliche Integrationschancen und Unterstützungsmöglichkeiten für die Betroffenen.
Die Bundespsychotherapeutenkammer hat 2010 eine Studie unter dem Titel „Komplexe Abhängigkeiten machen psychisch krank - psychische Belastungen in der modernen Arbeitswelt“ veröffentlicht. Hier wird festgestellt, dass seelische Erkrankungen im Arbeitsleben und Fälle von Burnout bei Beschäftigten stark zugenommen haben. „Bei aller Skepsis in dem einen oder anderen konkreten Fall: Wer an dieser Situation etwas ändern will, der muss nicht nur die statistischen Daten ernst nehmen, sondern vor allem die menschlichen Probleme, die dahinter stehen“, sagte Landrat Christian Jaschinski in seinem Grußwort.
Aber nicht nur die Arbeit selbst und ihre Bedingungen machen krank, sondern auch die Tatsache, keine Arbeit zu haben, auf dem Arbeitsmarkt als Arbeitskraft nicht nachgefragt und damit nicht wertgeschätzt zu werden, belastet die Psyche der Betroffenen. Arbeitslose sind drei- bis viermal so häufig psychisch krank wie Erwerbstätige. Realität ist aber auch, dass der Arbeitsmarkt Fachkräfte braucht, die bestimmte Anforderungen erfüllen und ein gewisses Arbeitspensum stabil und zuverlässig erledigen.
Mit psychischer Erkrankung werden meist Leistungseinschränkungen, oft auch Leistungsunfähigkeit, gleichgesetzt. Das erschwert den Zugang zur Arbeit oder macht ihn sogar unmöglich. Und die Barrieren existieren auf beiden Seiten: beim psychisch Kranken und beim Arbeitgeber. Die Belastungsfaktoren am Arbeitsplatz werden von Menschen mit psychischen Problemen anders wahrgenommen und führen aufgrund einer größeren Sensibilität zu Verunsicherung, Anspannung und Ängsten. Aber auch sie brauchen - womöglich in besonderem Maße - das, was Arbeit für viele bedeutet: Zugehörigkeit, Aktivierung und Strukturierung, Anerkennung und Wertschätzung, Sinn- und Identitätserleben und vieles andere mehr.
Eine spezielle Gruppe stellen junge Erwachsene dar, bei denen psychische Störungen, Drogenkonsum, pädagogische Probleme sowie realitätsferne Wünsche an die berufliche Zukunft zusammentreffen und für die bislang kaum Konzepte entwickelt wurden. Sie scheitern nicht im Laufe des Berufslebens, sondern bereits an der Schwelle zur Arbeitswelt.
Der alljährliche Psychiatrietag des Landkreises Elbe-Elster ist als Fortbildungs- und Informationsveranstaltung konzipiert. Er bietet die Möglichkeit, sich ausführlicher mit den Arbeitsfeldern des Sozialpsychiatrischen Dienstes des Kreis-Gesundheitsamtes auseinanderzusetzen und bietet darüber hinaus die Möglichkeit zur Diskussion und zum Erfahrungsaustausch.